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Akzent

Community Workers: neues Berufsbild oder Modeerscheinung?

27.01.2020 / 19.00–21.00 Uhr

Es werden zunehmend Stellen geschaffen mit dem Ziel, Nachbarschaften professionell zu begleiten und zu fördern. Die Bezeichnungen dieser Stellen reichen von "Fachstelle Gemeinschaftsentwicklung" über "Siedlungsbetreuerin" bis hin zu "Wohn- und Alltagscoach". Doch worauf ist bei der Konzeption, dem Aufbau und der Entwicklung einer nachbarschaftsorientierten Stelle zu achten? Und welches sind die Bedürfnisse der Bewohnenden?


Das von der Age-Stiftung geförderte 3-jährige Forschungs- und Entwicklungsprojekt "Nachbarschaften als Beruf – Stellen konzipieren, einführen und entwickeln" des Instituts für Soziale Arbeit und Räume der Fachhochschule St.Gallen hat Stolpersteine und förderliche Faktoren identifiziert. An diesem Fachtreffen von expert+ zum Thema Wohnen im Alter und Generationenwohnen wurden Vorgehen und Erkenntnisse näher erläutert.

Dabei sei man methodisch vorgegangen, habe in verschiedenen Regionen der Deutschschweiz ebenso Fachpersonen wie Bewohnende interviewt, mit Gemeinden, Wohnbaugenossenschaften, Nachbarschaftshilfen und anderen Organisationen gesprochen und Workshops durchgeführt.

Man sei dabei auf eine Vielzahl verschiedener Bezeichnungen der jeweiligen Stellen gestossen: Bei Begriffen wie «Wohnassistentin» oder «Fachspezialist Siedlungs- und Quartierarbeit» gingen die Anforderungsprofile, aber auch die Ansprüche von Bewohnenden und Auftraggebern teilweise weit auseinander. So plädierte Christina Vellacott dafür, erst einmal Klarheit zu schaffen: über die Konflikte, über das Stellenprofil und über Notwendigkeiten und Verantwortlichkeiten. Helfen könne dabei der Vergleich mit anderen Organisationen, die solche Stellen und Dienste eingeführt hätten.
Auch sprach sie Zielkonflikte bzw. unterschiedliche Perspektiven an, zum Beispiel zwischen Baukommissionen, die bauliche Veränderungen professionell realisieren wollen und Siedlungskommissionen, die dasselbe lieber partizipativ und mit den Bewohnenden bewerkstelligen möchten.

Die noch junge Branche muss ihre Notwendigkeit noch unter Beweis stellen. So kam – wenig überraschend – auch das Thema der «soft skills» zur Sprache und wie schlecht deren Wirkung messbar sei. Caroline Haag präsentierte wohl auch deshalb eine Art Checkliste, die Anforderungen und Erwartungen, persönliche Profile und Entscheidungskompetenzen zwischen beispielsweise einer Wohnbaugenossenschaft und einem Community Worker klären soll.
Und um künftig Stellen/Aufgabenfelder möglichst genau definieren zu können, soll ein Workshop in Zusammenarbeit mit dem ETH Wohnforum und Wohnbaugenossenschaften Schweiz Hilfestellung leisten. Erstmals wird dieser am 9. März 2020 an der HWZ Hochschule für Wirtschaft Zürich durchgeführt (weitere Informationen und Anmeldung >).

Die Voten und Fragen aus dem Publikum machten klar: Hier sassen einerseits Fachleute dieses weiten Berufsfeldes und andererseits Vertreterinnen und Vertreter verschiedener Wohnbauträger, aber auch zahlreiche Bewohnende, die wissen wollten, was auf sie zukommen könnte oder eben nicht. So wurde gefragt, ob den «top down» der richtige Ansatz sei oder ob man nicht erst mit den Bewohnerinnen und Bewohnern der Quartiere reden, deren Bedürfnisse abholen müsse. Vertreterinnen von Nachbarschaftshilfen verschiedener Stadtquartiere Zürichs merkten an, dass bereits einige dieser Dienste ehrenamtlich angeboten würden und fragten, worin sich denn die Angebote von Community Workers und ähnlichen unterschieden.
Die Verfassenden der Studie antworteten, dass die jeweiligen Aufgaben teilweise viel spezifischer wären und eine Berufsausbildung notwendig sei. Auch wiesen sie zu Recht darauf hin, dass es nicht überall vergleichbar gute Angebote gebe. Dort müssten Gemeinden oder auch Wohnbaugenossenschaften ins Auge fassen, Stellen dafür zu schaffen. Aber die Arbeit sei sowieso nicht abschliessend, sondern als Grundlage gedacht. Und man freue sich auf Feedbacks und den weiteren Austausch.

Präsentation >
Age-Dossier 2020 – Kontaktperson vor Ort >
Age Report IV – Wohnen in den späten Lebensjahren >


Moderation: Nina Pfenninger (Vorstand Wohnbaugenossenschaften Zürich)
Präsentation: Christian Reutlinger, Caroline Haag, Nicola Hilti, Christina Vellacott